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Reiseleiter im Portrait: Dörthe Kaiser

Unser Reiseleiterin Dörthe Kaiser erzählt euch, wie sie den plötzlichen Reisestopp aufgrund von Corona empfunden hat, wie die Idee der virtuellen Reisen entstanden ist und was für sie authentische Begegnungen im Reiseland ausmachen.

Zur Person von Dörthe Kaiser

Reiseleiterin Dörthe Kaiser

Liebe Dörthe, zu Beginn möchten wir dir gern ein paar allgemeine Fragen stellen, damit unsere Reisegäste einen ersten Eindruck von deiner Person bekommen können:


Wie lange bist du schon für Gebeco tätig?

Für Gebeco arbeite ich seit 2015. Mit der Reiseleitung begonnen habe ich aber schon 2010.

Durch welche Ländern führst du Reisegruppen?

Gebeco Reisegruppen führe ich durch Irland und Frankreich. Darüber hinaus kenne ich mich auch in Südafrika und Namibia sowie in den Vereinigten Arabischen Emiraten aus.

Wie viele Reisegruppen hast du während dieser Zeit geführt?

Schätzungsweise waren das in den vergangenen Jahren 60 bis 70 Reisegruppen, da ich mit einer ziemlich hohen Frequenz fahre.


Hand aufs Herz: Wie war die Zeit ohne Reisen für dich?

Schlimm! In der Nacht vom 13. auf den 14. März - also kurz vor dem Lockdown, als ich meine Besorgnis tagsüber noch deckeln konnte - träumte ich, der Koffer, der mich bei jeder Reiseleitung begleitet, stünde auf dem Trottoir vor dem Haus - und hatte Moos angesetzt! Wenig subtil, brutal plakativ, ist das der Albtraum einer Reiseleiterin. Und er wurde real, wie wir wissen.

Zunächst einmal stand dann, zum eigentlichen Beginn der Europa-Saison, das Finanzielle im Vordergrund, die Frage: Wie soll es jetzt weitergehen? Und kurz darauf kam der Phantomschmerz: Ich bin jede Reise in Realzeit im Geiste gefahren, lief durch die Stadt, war in meiner Phantasie in Versailles... erklärte Gemälde in einem südfranzösischen Museum… schaute in Irland, am westlichsten Zipfel Europas, über den Atlantik… und streckte realiter auf meinem Frankfurter Balkon nach jedem der wenigen Flugzeuge, die am Himmel zu sehen waren, unwillkürlich die Hände aus. Schwerer Liebeskummer fühlt sich ähnlich an. Und so hat diese Situation noch einmal ein Schlaglicht darauf geworfen, wie viel mein Beruf mir bedeutet und am Herzen liegt. Dementsprechend war der 15. Juni, an dem die Grenzen Europas wieder geöffnet wurden, für mich ein sehr emotionaler Tag.


Der plötzliche Reisestopp durch Corona: Schwerer Liebeskummer fühlte sich ähnlich an.

Wie entstand die Idee der virtuellen Reisen mit Gebeco?

Da kamen mehrere Faktoren zusammen. Zunächst einmal musste ich aufgrund der abgesagten Reisen Einkommen generieren und überlegte, auf welchem Weg. Den Tourismus als Arbeitssektor habe ich dabei von Anfang an noch nicht einmal gedanklich verlassen.

Dann machte ich zwei Wochen lang mit dem siebenjährigen Sohn meiner Schwester home schooling, und an einem dieser Vormittage hatte die Klassenlehrerin eine Zoom-Schaltung mit den Kindern initiiert. Ich schaltete mich bzw. den kleinen Frederick hinzu und war verblüfft, wie einfach das war, wirklich kinderleicht. Und ich bin nicht besonders technikaffin. Dann sah ich, wie viel Spaß es den Kindern machte, sich so zu begegnen und wie spielerisch die Lehrerin per Computer Wissen vermittelte. Damit fing alles an. Reisen live am Bildschirm, das könnte es sein, dachte ich. Die Sache so aufziehen, als wäre man wirklich vor Ort. Da naturgemäß die sinnlichen Eindrücke bei so einem Unternehmen fehlen, müssen die Bilder stark sein. Und dann reisen wir an den Etappen einer Gebeco Reise entlang, inklusive Fotostopps, und ich versuche mich in virtueller Reiseleitung und halte nicht einfach einen Vortrag.

Zu meiner großen Freude wurde diese Idee bei Gebeco sehr positiv aufgenommen. Die erste virtuelle Reise war dann die Dr. Tigges Studienreise „Côte d’Azur – Jetset und Kunst an der blauen Küste“, die ich besonders liebe und schon oft gefahren bin. Die haben wir in drei Sitzungen in der eigentlichen Reisezeit (der abgesagten Reise) Ende April und Anfang Mai stattfinden lassen, weil wir hofften, der Gruppe, die diese Reise gebucht hatte, damit eine Freude zu machen. Und das war dann auch der Fall.


Wie war das für dich, nur noch virtuell zu reisen?

Schon sehr anders. Zunächst einmal musste ich mein Timing adjustieren, das bei meinen realen Reisen routiniert ist und sitzt. Und ich hatte bei den ersten beiden Sitzungen Lampenfieber – das habe ich bei „echter“ Reiseleitung nicht.

Aber mit jeder Sitzung bin ich dann lockerer geworden. Was mir allerdings sehr fehlt, sind der direkte Austausch, das gemeinsame Lachen und die Möglichkeit, auch assoziativ zu arbeiten – was virtuell einfach nicht möglich ist.

Alles in allem ist so eine virtuelle Reise eine feine Sache, die in der Corona-Zeit oder in den Wintermonaten bestimmt ein eindrücklicheres Erlebnis ist als die Lektüre eines Reiseführers oder das Betrachten von allgemeinen Reiseclips. Fernweh wird durch eine virtuelle Reise gleichermaßen angeheizt wie auch ansatzweise befriedigt, ist mein Eindruck. Aber eine physische Reise kann die virtuelle natürlich nicht ersetzen.


Welche Bedeutung hat Begegnung für dich und ist dieses Thema unter dem Aspekt Corona noch relevanter geworden?

Begegnungen sind nach dem Lockdown für mein Empfinden noch kostbarer geworden, da interimsweise nicht möglich und schmerzlich vermisst. Die Selbstverständlichkeit, mit der man im Normalfall Begegnungen hat oder auch reist, war uns ja genommen. Umso mehr betrachte ich beides heute als ein Geschenk.


Wie schaffst du Begegnungen auf Reisen?

Möglichst nicht artifiziell à la: Ich organisiere eine Begegnung. Wir haben auf jeder Reise einen Landeseinwohner an Bord, den Fahrer/die Fahrerin. Und ich ermutige stets, sich mit diesem/dieser zu unterhalten und ihm oder ihr auch Fragen zu stellen. Wenn das linguistisch schwierig ist, dolmetsche ich.

Beispielsweise verweise ich immer auf die Fahrer, wenn es um landestypische Ballsportarten und ihre Regeln geht - wie den Gaelic Football in Irland und Boule oder Pétanque in Frankreich. Der Austausch darüber macht allen Beteiligten großen Spaß. Besonders in Irland führen solche Gespräche bisweilen dazu, dass man das Gespräch am Abend bei einem gemeinsamen Bier fortsetzt und sich vertieft austauscht, gerade auch über sozioökonomische Themen, die vielen Gästen wichtig sind. Ansonsten ermutige ich immer dazu, die erlernten Fremdsprachenkenntnisse (die meist besser sind als in der Selbsteinschätzung der Reisenden) anzuwenden, was ganz automatisch zu Begegnungen führt.


Welche Expertentipps hast du auf deinen geführten Reisen parat?

Da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll! Aber beginnen wir in Irland: Ich weiß, wo es die leckersten Scones in ganz Dublin gibt. Und natürlich auch, wo den besten Irish Coffee irlandweit. Aber hier nenne ich keine Adressen, das verrate ich nur vor Ort. Dort zeige ich auch, wo man echte, handgestrickte Irish Sweater bekommt, keine importierte Massenware. Und in welchem urigen Pub es sensationelle Fish & Chips gibt, die man inmitten von Iren isst - und nicht zwischen anderen Reisegruppen.

Im mondänen St. Tropez mit seinen sagenhaften Preisen, wo man für eine Pizza Margaritha schon mal zweiundzwanzig Euro zahlt, kenne ich eine kleine Crêperie direkt am Hafen, die die heutigen Preise wohl verschlafen hat und für einen Spottpreis leckerste Crêpes und Galettes anbietet. Und natürlich weiß ich auch, wo es die frischesten Kräuter der Provence an der gesamten Küste gibt. Und das beste Eis in Nizza, wo eine Eisdiele der nächsten Konkurrenz macht. Außerdem kenne ich eine Badestelle auf der Île St. Honorat, die romantischer nicht sein könnte!


Vielen Dank, liebe Dörthe, für dieses kurze Interview!


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